Bereits am 03. Juni 1871 wendet sich das Königlich Katholische Konsistorium in Osnabrück an den Kirchenvorstand unter Pfr. Lambertus Pohlmann „wegen der Verlegung des Leichenhofes am Ort“. Auch die Landdrostei drängt zu diesem Unternehmen. Der KV aber lehnt das in ausführlichen Stellungnahmen ab. Die kirchlichen und staatlichen Behörden jedoch lassen nicht locker. In einer Resolution auf der KV-Sitzung vom 30. Mai 1873 hält der KV daran fest, dass der Friedhof rund um die Kirche für Sögeler Verhältnisse groß genug sei, zumal er noch um die Fläche erweitert werden könne, wo sich jetzt noch die Notkirche und die Schule befinden. Man will dem Konsistorium einen Antrag vorlegen, wonach die Schule an einen anderen Ort verlegt werden soll.
Anfang 1896 schreibt der Landdrost wiederum an die Kirchengemeinde unter Pfr. Werner Fiedeldey. Erneut stellt er die Forderung, dass der Friedhof verlegt werden müsse. Der KV reagiert darauf mit der Mitteilung „er sei der Ansicht, dass die Verlegung des Kirchhofs in allernächster Zeit noch nicht thunlich erscheint, da die Gemeinden Spahn und Wippingen ihre Toten bald in den eigenen Gemeinden bestatten können“. Auch in Werpeloh werde schon wegen eines eigenen Friedhofs verhandelt. Im Juli 1896 kommt ein neues Mahnschreiben vom Landrat, dieses Mal mit einem Gutachten des Kreisphysikus Dr. Dolling vom 19. Mai 1896. Scheinbar wird die Forderung zur Verlegung des Friedhofs mit hygienischen und gesundheitspolitischen Aspekten begründet. Aber der KV ist so leicht nicht umzustimmen! Auf der Sitzung vom 09. November 1896 verfasst er eine neue Resolution und führt darin folgende Gründe für seine ablehnende Haltung an:
1. Alle Gemeindemitglieder stehen hinter dem Kirchenvorstand und teilen dessen Ansichten. 2. Die vom Kreisphysikus Dr. Dolling vorgelegten Begründungen für eine Verlegung des Friedhofs, sind nicht durchschlagend genug. 3. Außerdem beruhen diese Gründe auf falsche Zahlenvoraussetzungen: In den letzten Jahren wurden jährlich im Schnitt 40 Leichen bestattet und in Zukunft werden es voraussichtlich auch nicht mehr werden, da die Verstorbenen aus Spahn und Wippingen nicht mehr in Sögel beerdigt werden. Für 40 Leichen benötigt man „nach genauen Messungen“ 64 qm Grabstätte. Der Friedhof hat insgesamt 2.018 qm Fläche. Demnach wird die ganze Fläche alle 31-32 Jahre einmal benutzt. Der Kreisphysikus war diesbezüglich zu einem viel kürzeren Zeitrhythmus gekommen. 4. „Der KV hält die Behauptung der hohen und unvermeidlichen Schädlichkeit des Brunnenwassers in den Häusern Knipper und Wichmann am Markt praktisch für nicht genügend begründet und stützt sich dabei auf die Tatsache der Erfahrung, dass in den genannten Häusern seit Menschengedenken auffällige Sterblichkeit nicht geherrscht habe und auch jetzt nicht herrscht, dass im Gegenteil die gegenwärtigen Bewohner jener Häuser das gewöhnliche Lebensalter
größtenteils schon erreicht, sogar schon überschritten haben“. 5. Der KV trägt Bedenken, durch Anlegen eines neuen Friedhofes, in diesen für die Landwirtschaft so ungünstigen Jahren, die schon erheblichen kirchlichen Lasten der Gemeinde noch zu vermehren.
Scheinbar haben sich die weltlichen Behörden danach an den Bischof gewandt, damit dieser in der Friedhofsangelegenheit auf die störrische Gemeinde in Sögel Druck ausübe. Aber auch das Schreiben des Bischofs an den KV kann diesen nicht sonderlich beeindrucken. Man beschließt nur auf der KV-Sitzung vom 10. Februar 1897, dem Bischof eine Abschrift der ausführlichen KV-Resolution vom 09. November 1896 zuzuschicken. Der KV weist darauf hin, dass er sich mit 95 – 98% der Gemeinde-mitglieder in dieser Frage einig weiß und dass er schließlich deren Interessen zu vertreten habe.
Danach scheint es etwas Ruhe gegeben zu haben, aber 1902 wird die Angelegenheit wieder akut.
Der Kirchenvorstand will von sich aus eine Untersuchung und Begutachtung der Zustände auf dem Sögeler Friedhof veranlassen. Die Übernahme der entstehenden Unkosten wird am 05. September 1902 vorsorglich beschlossen. Am 16. September 1902 geht die ganze Angelegenheit über den Landrat an den Regierungspräsidenten und dieser ordnet, nach Sichtung der vorgelegten Gutachten, am 20. September kurzfristig an, dass der Sögeler Friedhof am 01. April 1903 geschlossen wird.
Zwar bemüht sich der KV nun um ein geeignetes Grundstück für den neuen Friedhof, aber am 16. November 1902 lehnt er sich noch einmal gegen die Anordnung auf. Durch einen Rechtsanwalt will man sich Abschriften von den behördlichen Gutachten be-schaffen lassen „und dann thunlichst den Kirchhof durch den Sanitätsrat Dr. med. Zumsande aus Lingen untersuchen lassen“. Auch die politische Gemeindevertretung soll nun verstärkt zur Beratung und Unterstützung herangezogen werden.
Am 13. Dezember 1902 schreibt der Landrat an den Vorsitzenden der Kirchengemein-devertretung: „Am 02. Oktober d.J. ist dem Herrn Vorsitzenden des Kirchenvorstandes in Sögel die Verfügung des Herrn Regierungspräsidenten vom 30. September betr. Schließung des Friedhofs in Sögel zum 01. April 1903 zugestellt worden. Gleichzeitig bin ich vom Herrn Regierungspräsidenten angewiesen, als Ortspolizeibehörde die Bereitstellung eines geeigneten Begräbnisplatzes bis zum 01. April 1903 zu veran-lassen, also einen Begräbnisplatz im Interesse der öffentlichen Ordnung und zum Schutze der Gesundheit, eventuell zwangsweise zu beschaffen und die Kosten dieser Einrichtung als solche durch die örtliche Polizeiverwaltung von der Gemeinde zwangs-weise einzuziehen. Vor Ausführung dieses Auftrags beabsichtige ich, nochmals mit dem Kirchenvorstand und der kirchlichen Gemeindevertretung zu verhandeln. Ich ersuche sie daher, unter Bezugnahme auf Paragraph 22 des Gesetzes vom 20. Juni 1875 über die Vermögensverwaltung der katholischen Kirchengemeinden, zu dem gedachten Zwecke eine Versammlung der Kirchengemeindevertretung auf Montag, den 29. Dezember vormittags 11:00 Uhr im Saale des Wirtes H. Schröer (Gesellenhaus) ordnungsmäßig anzuberaumen.“
Am 30. Dezember 1902 findet diese gemeinsame Sitzung von Kirchenvorstand und Gemeindevertretung unter dem Vorsitz des Landrates statt. Hier kommt es nun doch zu dem Beschluss, einen neuen Friedhof anzulegen. Dafür soll ein geeignetes Grund-stück von ca. drei Morgen Größe (7.500 m²) angekauft werden.
Bald werden die Verhandlungen aufgenommen. Die Eigentümer der Grundstücke verlangen 1.000 Mark pro Vierup Saat (ca. 1.650 m²) bzw. 1.500 Mark pro Morgen. „Dieser Preis ist zu hoch!“ Ergo versucht der KV, um schnellstens ans Ziel zu kommen, die Grundstücke im Enteignungsverfahren zu erhalten. Es wird beschlossen, den Herrn Landrat Peus zu ersuchen, das Enteignungsverfahren einzuleiten (KV-Protokoll).
Am 17. März 1903 ist im Vereinshaus H.H. Schröer eine Zusammenkunft der betreffenden Grundstückseigner (Vagedes, Dröge, Meiners) sowie Vertreter des Herzogs von Arenberg, der Vertreter der Kirchengemeinde und des Landrates angesetzt. Um ein drohendes Enteignungsverfahren zu verhindern, einigt man sich schließlich auf einen Preis von 750 Mark pro Vierup Saat. Außerdem sollen die Eigen-tümer für auf dem Grundstück stehenden Roggen pro Vierup Saat 50 Mark und für Hafer 25 Mark als Entschädigung erhalten. Am 20. März stimmt der KV dieser Lösung zu.
Später wird noch mit den Grundbesitzern Wichmann und Kleymann verhandelt, um einen besseren Zuschnitt des neuen Friedhofs zu erreichen.
Auch auf die Wünsche des Herzogs nach geringfügiger Umlegung geht man ein, erbittet aber im Gegenzug vom Herzog eine großzügige Geldspende.
Am 08. Oktober 1903 kann eine Gesamtkostenaufstellung erstellt werden: Der neue Friedhof wird mit Grunderwerb, Herrichtung der Fläche, neuer Graseinsaat, Einfrie-dung mit einen 1,20 m hohen Drahtzaun mit 3 Eisenpforten, mit Anpflanzungen, Arbeitslohn und einem zu errichtenden Friedhofskreuz in Summe 6.200 Mark kosten. 2.400 Mark kann aus Rücklagen und sonstigen Mitteln der Kirchengemeinde genommen werden, 1.000 Mark vom Herzog als Spende. Der Rest von 2.800 Mark soll durch Anleihen mit einer Verzinsung von 3 ½ Prozent vom Sögeler Drechsler Dröge beschafft werden.
Soweit ist nun alles perfekt. Der Friedhof kann am befohlenen Termin dem 01. April 1903 eröffnet werden. Nachdem die übrigen Arbeiten erledigt sind, wendet man sich der Aufgabe zu, ein großes Friedhofskreuz zu bekommen. Zuerst soll der Vorschlag des Meppeners August Mersmeyer verwirklicht werden (KV-Sitzung vom 18. Dezember 1903). Bald aber werden neue Zeichnungen vorgelegt (KV-Sitzung vom 07. Februar 1904) und der Entwurf des Bildhauers Bolte in Münster wird favorisiert. Aber
nachdem man durch Erkundigungen erfahren hat, dass der von diesem Künstler vor-gesehene Chochemer- oder Saarsandstein nicht besonders wetterfest ist, entscheidet man sich schließlich am 06. März 1904 für das Angebot des Künstlers Anton Ruller aus Münster: Das Kreuz soll aus bestem belgischem Sandstein angefertigt und 6 m hoch werden. Ohne Fundament wird es 1.400 Mark kosten. Im April 1904 wird das Fundament gelegt und bereits Anfang August 1904 wird das Kreuz geliefert und auf-gerichtet. Es ist das gleiche Kreuz, welches auch heute noch den Mittelpunkt des Friedhofs bildet.
Im Jahr 1908 werden unter Pfr. Bernhard Husmann die 14 Kreuzwegstationen vom alten Friedhof (um die Kirche) die sehr verwittert waren, vom Bildhauer Johannes Schmiemann aus Münster erneuert und auf dem neuen Friedhof aufgestellt.
Der Bau der Friedhofskapelle beginnt im Frühjahr 1981 unter Pfr. Johannes Tüting. Im Herbst des gleichen Jahres erfolgt die Fertigstellung und am Fest Allerheiligen wird das Gebäude eingeweiht.
Nach einer Friedhofserweiterung im Jahr 1972, gibt der KV seine Zustimmung zur – vorläufig letzten – Erweiterung der Begräbnisstätte im September 1981.
Die Einsegnung des Denkmals für die Gefallenen und Vermissten des zweiten Weltkrieges wird am 20. November 1999 durch Pfr. Bernhard Wigbers auf dem Friedhof vorgenommen. Das Denkmal beinhaltet die Namen der in Sögel eingezogenen Soldaten die von 1939 bis 1945 verstorben sind oder als vermisst gelten. Im Jahr 2004 werden die alten Kreuzwegstationen des Friedhofs durch neue Bronzetafeln auf Ibbenbürener Sandstein ersetzt. Die neuen Stationen werden nach Entwürfen von Dr. Monika Niermann gemeinsam mit dem Sögeler Bildhauer Albert Radke konzipiert und ausgeführt.
Unter Pfr. Bernhard Horstmann erfährt die Friedhofskapelle einen Um- und Vergrößerungsbau. Im Aussegnungsraum wird ein weiterer Ausgang geschaffen, die Beleuchtung außen wie innen wird neugestaltet und nach dem Umbau stehen jetzt vier statt wie zuvor drei Abschiedsräume zur Verfügung. Die ökumenische Einweihung der Friedhofskapelle erfolgt im März 2014.
Text: Archivar Bernhard Norda